Wenn der Alltag zu stressig wird, sehnen wir uns oft zurück in die Vergangenheit. Damals war alles langsamer, einfacher, schlichtweg besser. Altmodisch ist doch eigentlich gar nicht schlecht, oder?
Eigentlich nicht. Während Entschleunigung wichtig ist, kann es ein großer Bremsklotz werden, nur der Vergangenheit nachzutrauern. Denn seien wir ehrlich: Es war nicht wirklich alles besser.
Früher war alles besser
Bist du sicher? Vielleicht, wenn man sich an romantische Verklärungen hält, in denen der Gentleman der Dame die Tür aufhält und man sich in schönen Kleidern zum sonntäglichen Kaffeekränzchen trifft. Bei dem Wort altmodisch denken wir auch an einen Großvater, der im Ohrensessel Pfeife raucht und Geschichten aus seiner Kindheit erzählt. Und wir denken an urig anmutende Radios und die ersten Fernsehapparate.
Aber davon ab? Die Krankenversorgung war längst nicht so fortgeschritten wie heute. Technischer Fortschritt wie Waschmaschinen, Spülmaschinen oder günstige Flüge in alle Welt? Nicht wirklich. Und auch gesellschaftlich war nicht alles im Lot: Je nach Epoche bewegte sich das Mitspracherecht der Frauen zwischen nicht existent und kaum vorhanden. Persönliche Entfaltung oder Sabbatjahr; Single bleiben oder keine Kinder kriegen? Pustekuchen. Und politisch gesehen war es auch nicht wirklich immer besser als heute.
Wir fürchten das Unbekannte
Früher war also nicht alles besser. Aber die Vergangenheit hat einen Vorteil gegenüber der Zukunft: Sie ist bekannt. Sie besteht aus fixen Daten und Ereignissen, und sie ist bereits überstanden. Die Zukunft hingegen ist vollkommen ungewiss. Und dieses Ungewisse macht uns Angst.
Heute fühlen wir uns von einer hektischen und hoch technisierten Welt oft erschlagen. Jeden Tag gibt es unzählige neue Entwicklungen, die man im Blick behalten soll. Und mit jedem weiteren Stress wächst das Bedürfnis, einfach altmodisch sein zu dürfen: Weshalb brauche ich ein Notebook, wenn ich ein Notizbuch habe? Wieso muss alles in die Cloud geladen werden, wenn ich meine Kollegen auch einfach anrufen oder, besser noch, besuchen kann? Brauchen wir diesen Fortschritt wirklich?
Altmodisch oder fortschrittsfeindlich?
Ob wir allen Fortschritt brauchen, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Das liegt auch daran, dass die Frage falsch gestellt ist. Genauer wäre nämlich „Brauche ich diese oder jene Entwicklung, um meine eigenen Ziele zu erreichen?“
Wenn du ein erfolgreicher Autor werden willst, wirst du wohl oder übel eine digitale Version deines Manuskripts anfertigen müssen. Wenn du mit einem internationalen Team zusammenarbeitest, brauchst du digitale Lösungen dafür. Insbesondere, wenn du mit anderen zusammenarbeitest und sie durch Technikfeindlichkeit ausbremst, entstehen Konflikte.
Frage dich selbst, was genau der Grund für die Ablehnung neuer Möglichkeiten ist. Brauchst du sie wirklich nicht, geht dir der Hype darum auf die Nerven oder hast du Angst, sie nicht zu verstehen und fühlst dich abgehängt? Denn an etwas Bekanntem festzuklammern und etwas Neues abzulehnen, weil du es (noch) nicht verstehst, bremst insbesondere nur dich selbst aus.
Altmodisch? Warum nicht
Aber das heißt nicht, dass du nicht auch manchmal altmodisch sein darfst. Schreibe einfach mal einen Brief per Hand statt einer E-Mail, oder rufe deine Freunde an statt ein Update in die sozialen Netzwerke zu stellen. Nutze ein Notizbuch, wenn du deine Termine nicht digital sichern willst. Aber tue all dies bewusst und nicht, weil du dich davor drückst, neue Möglichkeiten kennenzulernen und zu nutzen.
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